|
|
Ostergeschichten
und -märchen
|
|
|
Die Ostereier
( Christoph von Schmidt )
4. Das Fest der gefärbten Eier, ein Kinderfest
- Seite 6 ( von 6 ) -
15. Bescheidenheit, das schönste kleid.
16. Wer Lügen spricht, dem glaubt man nicht.
17. Die Heuchelei ein faules Ei.
18. Verdientes Brot, macht Wangen rot.
19. Unmäßig sein, bringt Schmach und Pein.
20. Geiz macht ein Herz, zu Stein und Erz.
21. Ein frommer Mann, hilft, wo er kann.
22. Zorn, Hass und Neid, bringt dir nur Leid.
23. Still, sanft und mild, ein goldner Schild.
24. Geduld im Leiden, bringt Himmelsfreuden.
25. Gutsein, nicht Gold, macht lieb und hold.
26. Ein gut Gewissen, ein sanftes Kissen.
27. Wer Gutes tut, hat frohen Mut.
28. Zur Ewigkeit sei stets bereit.
29. Weltlust vergeht, Tugend besteht.
30. Den Frommen lohnen, dort ew'ge Kronen.
Jedes Kind gab sich alle Mühe, sein Reimlein zu merken, und wiederholte es
in der Stille immer bei sich selbst, um es nicht zu vergessen.
Die Frau sagte nun in der Reihe herum, ob jedes Kind sein Sprüchlein noch
wisse. Hie und da musste sie ein wenig nachhelfen. Aber bald wusste jeder das
Seine schön und deutlich zu sagen. Ja, viele merkten auch die Reimlein der
übrigen. Nach und nach wusste fast jedes Kind alle Reime auswendig. Wenn
man nur das erste Wort nannte, so wussten sie fast allemal das Sprüchlein
bis ans Ende zu sagen. Und wenn man die erste Hälfte sagte, so wusste sie
bis zur zweiten ganz sicher. So viel auf einmal, und so leicht, unter Lust und
Lachen, hatten die Kinder noch nie gelernt. die Väter und Mütter und
die andern Kinder, die indes nach Hause gekommen waren, und den lauten Jubel,
der in das Tal hinab scholl, vernahmen, eilten herauf, zu sehen und zu
hören, was es denn gebe. die Kinder sprangen ihren Eltern voll Freude
entgegen, zeigten ihnen die Eier und sagten die Reime auf. Die Eltern waren
ganz erstaunt. So viel, sagten sie, lernen ja die Kinder zu Hause kaum in einem
halben Jahre auswendig, als hier in einer halben Stunde. Es bleibt doch wahr,
Lust und Lieb zu einem Ding, macht alle Müh und Arbeit gering. Aber den
Kindern Lust zu machen, sagte der Müller, das ist das Kunststückchen.
Da steckt's - Das heißt einmal viel gelernt! Das ist ja eine ganze
Sittenlehre für Kinder im kleinen. Wie die Frau doch mit Kindern umzugehen
weiß!
die Frau beschenkte nun auch die übrigen Kinder mit bunten Eiern und mit
Kuchen, und sagte noch zu allen: Die gefärbten Eier mögt ihr zu Hause
essen, nur die mit dem Sprüchlein müsst ihr zum Andenken aufbewahren.
Die essen wir freilich nicht! sagten die Kinder; die heben wir auf. Das
Sprüchlein ist ja mehr wert als das Ei. Ganz gewiss, sagte die Frau, wenn
ihr das befolgt, was es euch lehrt. sie ermahnte die Eltern nur, die Kinder bei
guter Gelegenheit an die Sprüchlein zu erinnern. Die Eltern taten es. Wenn
ein Kind nicht gleich auf das Wort gehorchen wollte, erhob der Vater den Finger
und sagte: Ein gutes Kind - und das Kind sprach: - gehorcht geschwind! und
gehorchte dann auch geschwind. Wenn ein Kind Mienen machte zu lügen,
sprach die Mutter: Wer Lügen spricht - und das Kind fuhr fort: dem glaubt
man nicht! errötet und schämte sich zu lügen. Und so machten die
Eltern es auch mit den übrigen Reimen.
Die Kinder sagten noch gar oft: In unserm Leben haben wir keinen so
vergnügten Tag gehabt. Nun, sagte die Frau allemal, so tut nur
fleißig, wie es in den Sprüchlein heißt, und dann gebe ich
euch alle Jahre ein solches Eierfest. Wer aber böse und nicht folgsam ist,
darf nicht dazu kommen. Denn es soll nur ein Fest für gute Kinder sein. O,
wie da die Kinder im Tale so gut und folgsam wurden!
|
|
|