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Osterpredigten
von Martin Luther
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Predigt am heiligen Ostertag
( Martin Luther )
- Seite 1 ( von 8 ) -
über das Evangelium Marc. 16, 1-8.
Gehalten am 13. April 1533 in der Kirche.
Dem barmherzigen, ewigen Gott zu Lob und Ehre wollen wir jetzt predigen und
hören von der Auferstehung unseres Herrn Jesu Christi; wie es denn billig
ist, dass man den Artikel auf dies Fest predige und treibe, weil es die Zeit
mit sich bringt, und die Evangelien, die auf dies Fest geordnet sind, die
Historie von diesem Artikel begreifen und fassen. So soll man es sich auch
angelegen sein lassen, diesen Artikel vornehmlich zu predigen und zu treiben,
sintemal unser Größtes und Höchstes drauf stehet, nicht allein
in diesem gegenwärtigen Leben, sondern auch im zukünftigen. Dazu soll
man diesen Artikel treiben, nicht allein um des willen, dass es nütze und
gut ist; sondern auch darum, dass Gott damit gelobt und geehrt werde, auf das
doch Jemand auf Erden sei, der es mit Ernst höret, und unserm Herrn
Christo für sein Leiden und Auferstehung dankt; denn Gott hat's gern, dass
man daran gedenkt, und immer davon predigt.
Und zwar kann man es nicht genugsam predigen und hören, denn man kann es
nicht genugsam fassen. Wir predigen nichts Neues, sondern predigen immerdar und
ohne Unterlass von dem Mann, der heißt Jesus Christus, wahrer Gott und
Mensch, für unsere Sünde gestorben und um unserer Gerechtigkeit
willen auferwecket. Aber ob wir schon immerdar solches predigen und treiben,
werden wir's doch nimmermehr genugsam fassen können; wir bleiben dennoch
immer Säuglinge und junge Kinder, welche eben reden hören, und kaum
halbe Worte, ja kaum viertel Worte machen.
Darum wollen wir auch jetzt davon reden, weil unser Höchstes darauf
stehet. So ist es auch unsere größte Arbeit, dass wir euch bei
diesem Artikel erhalten, und wenn wir sterben, euch diesen Schatz lassen
mögen. Denn es ist leider offenbar, dass, wenn wir, die wir jetzt
predigen, das Haupt hinlegen, Rottengeister und Schwärmer kommen werden,
die umreißen, verderben und zerbrechen werden, was wir gebaut haben. So
predigt und hört man bereits unter dem Papsttum nichts mehr davon. So
schneide nun Jedermann, weil Ernte ist, und kaufe Jedermann, weil der Jahrmarkt
vor der Tür ist, und fasse diesen Artikel recht wohl, man kann ihn ja
nicht genugsam fassen. Ich darf mich nicht rühmen, dass ich ihn genugsam
gefasst habe und so verstünde, dass ich nicht mehr daran lernen
dürfte, ob ich schon ein Doktor bin. Dazu liegt viel daran, dass man
diesen Artikel wohl eintreibe, damit man sein nicht vergesse; denn dieser
Artikel muss uns erhalten, wenn nun der Tod kommt; ja dieser Artikel
erhält die christliche Kirche.
Die lieben Apostel setzen Fleiß daran, dass sie den Nutzen und die Frucht
von der Auferstehung Christi wohl einprägen. Die Evangelisten aber, ob sie
schon den Nutzen nicht so betonen, wie die Apostel, so beschreiben sie doch
fleißig die Historie. Denn eines Evangelisten Amt ist, dass er die
Historie beschreibe, gleichwie eines Apostel Amt ist, dass er's auslege, auf
das man wisse, was die Historie für Frucht und Nutzen bringe. Wir wollen
beide Stücke vor uns nehmen, und erstlich von der Historie reden; darnach
auch anzeigen, was ihre Kraft und Frucht sei.
Was die Historie angeht, so ist sie so zugegangen: Christus ist am grünen
Donnerstag auf den Abend, da er vom Nachtmahl aufgestanden, und in den Garten
gegangen war, von Juda daselbst verraten, und von den Juden gefangen, und von
einem Hohenpriester zum andern geführt worden, bis sie endlich ein Ende
machten, und ihn dem Pilato, als dem Landpfleger, dem das Gericht befohlen,
überantwortet haben.
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